Direkt zum Inhalt, zur Navigation, zu den Zusatzinformationen (zum Beispiel Aktuelle Nachrichten, Aktivitäten, Neueste Literatur, Links).

Sie sind hier: StartseiteEnergiepflanzenPorträts > Durchwachsene Silphie

Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) aus der Gattung Silphium aus der Familie der Asteraceae (Korbblütler)

Diese Pflanze wird bislang erst versuchsweise als Energiepflanze angebaut, ihre Kultivierung ist aktuell noch mit Schwierigkeiten verbunden. Alle im Text angegebenen Hinweise sind als vorläufige Empfehlungen zu verstehen.

Eine im alten Griechenland und im römischen Reich äußerst geschätzte Heil-, Gewürz- und Gemüsepflanze hieß Silphium, auch Silphion, Sylphion oder Laserpitium genannt. Dass sie auf Geldmünzen der damaligen Zeit abgebildet war, lässt ihre große, auch wirtschaftliche Bedeutung erahnen. Das ursprüngliche Silphium, das vermutlich fenchelähnlich war und zur Familie der Doldenblütler gehörte, wuchs ausschließlich in Kyrenaika, einem Teil des heutigen Libyen und starb etwa 50 Jahre nach Christi Geburt aus. Ca. 1.700 Jahre später benannte Carl von Linné, der berühmte Botaniker, eine Pflanzengattung mit dem Namen Silphium, die zu einer ganz anderen Familie gehört, den Asteraceae oder Korbblütlern. Das „neue“ aus Nordamerika stammende Silphium war nach Europa eingeschleppt worden; es umfasst mehr als 20 Arten, bekannt ist zum Beispiel Silphium laciniatum, die Kompasspflanze.

Silphium perfoliatum

Eine als Energiepflanze besonders vielversprechende Silphium-Art ist die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum), im folgenden kurz Silphie genannt. Es handelt sich um eine hohe, gelbblühende Pflanze mit vierkantigen Stängeln und großen, einander gegenüber angeordneten Blättern. Die Silphie ist eine Becherpflanze, die im englischsprachigen Raum deshalb auch als cup plant bezeichnet wird. Der Name rührt daher, dass die gegenständigen, am Stängel zusammengewachsenen Blattpaare einen kleinen Becher bilden, mit dem die Pflanze Tauwasser auffangen und aufnehmen kann. Dank dieser Eigenart ist sie hervorragend an Trockenstandorte angepasst, während andere Biomasselieferanten wie Mais Feuchtigkeit nur aus dem Boden beziehen können, also ausreichend Niederschläge brauchen. 

Natürlich reicht die Trockenresistenz allein als Charakteristikum für eine Energiepflanze nicht aus. Kriterien, die gleichfalls gegeben sein müssen, sind hohe Biomasseertäge und hohe Methanausbeuten. Die Silphie ist auch hier vielversprechend: Die Erträge bewegen sich ab dem zweiten Jahr zwischen 13 und mehr als 20 Tonnen Trockenmasse pro Hektar und auch die Methangehalte sind mit denen von Mais vergleichbar.

Voraussetzungen

In ihrer Heimat, den gemäßigten Breiten Nordamerikas, herrschen ähnliche klimatische Bedingungen wie bei uns, deshalb gedeiht die Silphie im nördlichen Europa hervorragend. Die Pflanze kann im Prinzip nach jeder Vorfrucht angebaut werden, aber unkrautunterdrückende Spezies sind aufgrund ihrer langsamen Jugendentwicklung von Vorteil. Auch bei der Bodenqualität ist sie recht genügsam, nur staunasse Standorte sind ungeeignet. Am liebsten ist der Pflanze ein humoser Boden mit guter Wasserführung, der im Herbst gepflügt werden sollte, im Frühjahr ist das Pflanzbett dann feuchtigkeitsbewahrend und feinkrümelig vorzubereiten. Auch der Anbau einer Winterzwischenfrucht ist möglich, in den aktuellen Silphie-Forschungsprojekten der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL) wird unter anderem untersucht, welche Arten dafür am geeignetesten  sind. Nach bisherigen Erkenntnissen kann das zum Beispiel Futterroggen sein, auf jeden Fall sollte die Art keinen zu hohen Wasserverbrauch haben. Als Nachfrucht kann man Getreide anbauen, um eventuellen Durchwuchs bekämpfen zu können.

Anbau

Die Silphie ist eine ausdauernde, mehrjährige Pflanze, die sich mindestens zehn Jahre lang  beernten lässt. Zwar ist der Aufwand im Pflanzjahr relativ hoch, doch in den Folgejahren fallen entsprechend niedrigere Kosten an.

Noch ist die Pflanze im landwirtschaftlichen Anbau so neu, dass sie kommerziell nur schwer zu beziehen ist und der Anbau sich noch schwierig gestaltet. So empfiehlt sich zum Beispiel eine Direktsaat nach derzeitigem Stand der Technik noch nicht, da sich die Jungpflanzen nur langsam entwickeln und der Unkrautdruck zu groß wäre. In Forschungsprojekten der TLL soll die Aussaatfähigkeit der Pflanzen jedoch verbessert werden.

Wer die Silphie schon jetzt anbauen will, sollte vorkultivierte Jungpflanzen ab Mitte April ins Freiland setzen, mit einem Abstand von 50 cm zwischen den Reihen und 50 cm innerhalb der Reihe. Auch dann ist im ersten Jahr eine Unkrautbekämpfung unbedingt notwendig, denn die Pflanzen bilden zunächst nur eine Blattrosette am Boden aus. Da aktuell kein Pflanzenschutzmittel für die Silphie zugelassen ist, muss man das Unkraut durch Maschinenhacke entfernen, aufgrund der weiten Reihenabstände ist dies aber problemlos möglich. Ist das erste Jahr erfolgreich überstanden, wächst die Silphie üppig bis zu einer Höhe von bis zu zweieinhalb Metern heran und unterdrückt aufgrund ihres dichten Bestandes andere unerwünschte Pflanzen. Auch Krankheiten und Schädlinge wurden bislang nicht beobachtet, so dass auf Pflanzenschutzmaßnahmen ab dem 2. Jahr vollständig verzichtet werden kann. Ab Juli beginnt die leuchtend gelbe Blüte, die die Silphie nicht zuletzt auch zu einer sehr hübschen Energiepflanze macht. Viele mit perfoliatum verwandte Silphium-Arten sind deshalb auch als Zierstauden beliebt.

Der Stickstoffbedarf beträgt im Pflanz- und in jedem weiteren Vegetationsjahr 150 bis 200 Kilogramm pro Hektar. Der Dünger sollte mineralisch verabreicht werden, da es bei organischer Stickstoffzufuhr zu unkontrollierter N-Freisetzung und Lagerbildung kommen kann. Die Phosphor- und Kaliumdüngung sollte nach Entzug erfolgen, wobei je nach Ertragsniveau bei Phosphor mit einem Bedarf von etwa 20 bis 30 Kilogramm pro Hektar, bei Kalium mit 80 bis 220 Kilo pro Hektar zu rechnen ist. Wichtig ist, vorhandene Nährstoff-Bodenvorräte, vor allem Stickstoff, von diesen Angaben abzuziehen.

Ernte

Im September, gegen Ende der Blüte und zu Beginn der Samenreife, erreicht die Silphie einen Trockensubstanzgehalt von 25 bis 30 Prozent. In diesem Stadium kann sie mit einem normalen Feldhäcksler geerntet und anschließend siliert werden. Die Erträge betrugen bei verschiedenen, bislang allerdings nur in Thüringen durchgeführten Versuchsanbauen, teilweise mehr als 20 Tonnen Trockenmasse pro Hektar.

Einschränkungen

Noch wird die Pflanze nicht kommerziell angebaut, dementsprechend sind Saatgut oder Jungpflanzen nur schwer und in geringen Mengen zu bekommen. Ein potenzieller Nachteil ist zudem der hohe Aufwand im ersten Jahr. Da die Pflanzen nach derzeitigem Stand der Technik besser vorgezogen statt direkt gesät werden, muss man einen Betrieb finden, der eine entsprechende Menge Jungpflanzen anzieht - bei einer Dichte von vier Pflanzen pro Quadratmeter oder 40.000 Pflanzen pro Hektar sind die Kosten dafür erheblich. Zwar ist die Silphie in den Folgejahren in der Pflege sehr günstig, doch die Belastungen im ersten Jahr müssen erst einmal bewältigt werden. Die TLL startet zurzeit Projekte mit dem Ziel, das Saatgut so zu modifizieren, dass es auch direkt gesät werden kann.

Hat sich der Bestand dann gut etabliert, wird man ihn unter Umständen so schnell nicht wieder los, denn die Silphie bildet ein weitverzweigtes Wurzelsystem aus. Dadurch kann es zu Durchwuchs in den Folgekulturen kommen, der sich jedoch bei einer Getreide-Folgesaat nach Erfahrungen der TLL recht gut in den Griff bekommen lässt.

Ausblick

Die Durchwachsene Silphie wurde als Energiepflanze in Deutschland bislang nur in Thüringen in Versuchsanbauen der TLL systematisch untersucht. Die dort gesammelten vielversprechenden Ergebnisse müssen noch einige Jahre weiter abgesichert werden. Ebenfalls noch offen ist die Frage, wie der große Aufwand im ersten Pflanzjahr verringert und so überhaupt erst ein Markteintritt für die Art zu schaffen ist. Ohne diesen wird sich die Silphie nicht als kommerzielle Energiepflanze etablieren können und damit für den Praktiker uninteressant bleiben. Den Bedenken gegenüber steht jedoch das große Potenzial der massenwüchsigen, ausdauernden und – abgesehen vom ersten Jahr – sehr anspruchslosen Pflanze.

Ob die Silphie also einmal eine ähnliche Bedeutung als Energielieferant erlangen wird, wie sie das antike Silphium als Heilpflanze, Gewürz und Tauschmittel hatte, wird erst die Zukunft zeigen.

Quelle & nähere Informationen: TLL, M. Conrad, Tel.: 036427 - 868 131

Die Silphie ist auch als Bienenweide geeignet.
Die Bestände wachsen äußerst dicht.
Durchwachsene Silphie, ein Anbautelegramm der TLL
 
Seite drucken

Zusatzinformationen


 

Aktivitäten

  • Kampagne "Deutschland hat unendlich viel Energie"

Neueste Literatur

Datensammlung: Energiepflanzen. Daten für die Planung des Energiepflanzenanbaus