Agroforstsyteme

Platanen und Roggen bei Karlsruhe.
Die Platanen sind etwa 8 bis 10 Jahre alt.
Foto: A. Möndel LTZ Augustenberg

Hinter dem Fachbegriff Agroforstsystem verbirgt sich eine einstmals weit verbreitete Form der Landnutzung, bei der mehrjährige Gehölze wie Bäume, Hecken und Sträucher mit landwirtschaftlichen Nutzpflanzen auf der selben Fläche angepflanzt werden. Agrar- und Forstwirtschaft sollen so eine für beide Seiten möglichst vorteilhafte Symbiose eingehen. Traditionelle Formen des Agroforstsystems sind zum Beispiel Streuobstwiesen und die Waldweide. Früher bauten die Landwirte die Gehölze auf ihren Flächen vor allem zur Gewinnung von Brenn- und Wertholz an.

Unter genau diesem Aspekt rückt die Bewirtschaftungsform auch heute wieder in den Fokus. Der steigende Holzbedarf wird auf Dauer nicht rein forstwirtschaftlich zu decken sein, gleichzeitig ist es mit zunehmenden Holzpreisen auch für Landwirte interessant, selbst in die Holzproduktion einzusteigen. Der Anbau von Bäumen zur Energieholzgewinnung ist unter ökonomischen Gesichtspunkten vor allem auf ertragsschwachen Standorten von Interesse, wenn sich andere Kulturen dort nicht mehr lohnen. So genannte Schnellwuchshölzer wie Pappeln, Weiden oder Robinien stellen nicht nur verhältnismäßig geringe Standortansprüche, sie verursachen durch die maximal alle drei Jahre stattfindende Ernte und den geringen Bedarf an Düngern und Pflanzenschutzmitteln auch deutlich weniger Arbeitsspitzen als herkömmliche Ackerfrüchte. Zu beachten ist allerdings, dass eventuell spezielle Erntemaschinen angeschafft werden müssen. Für die Erntetechnik von Stämmen mit einem Durchmesser von mehr als sieben Zentimetern besteht zudem noch F&E-Bedarf, einige Projekte hierzu befinden sich bei der FNR bereits in Vorbereitung.

Energieholz kann in Form eines Agroforstsystems oder als reine Kurzumtriebsplantage mit dichtem Baumbestand angebaut werden.

Eine andere Möglichkeit ist der Anbau von Werthölzern. In einem Agroforstsystem können seltene und wertvolle Lichtbaumarten herangezogen werden, die im Wald normalerweise unterdrückt werden. Sie benötigen zwar bessere Ackerbaustandorte und bis zur Ernte vergeht auch deutlich mehr Zeit - rund 40 bis 70 Jahre kann die Entwicklung eines Wertholzbaumes dauern. Andererseits ist die Wertschöpfung hier auch um ein Mehrfaches höher als bei Energieholz. Und ist das System einmal etabliert, pflanzt man nicht nur für die Ernte der nachfolgende Generation, sondern kann auch selbst ernten, was vorherige Generationen angepflanzt haben. Hinzu kommen Nebennutzungsaspekte, wie zum Beispiel bei Walnuss- oder Kirschbäumen die Nuss- und Obsternte. 

Agroforstsysteme bieten neben ökonomischen aber auch potenzielle ökologische Vorteile, wie Erosionsschutz und eine erhöhte Biodiversität, dank der das gesamte System als resistenter gegen Schädlinge und Krankheiten gilt. Durch den Windschutz und die zeitweilige Beschattung durch die Bäume können in trockenen Sommern zudem der Wasserbedarf der Pflanzen gesenkt und so unter Umständen die Erträge gesteigert werden. Untersuchungen in erosionsgefährdeten Steppengebieten in Nordamerika und Kanada haben ergeben, dass die Windschutzwirkung von Bäumen oder Hecken auf acht bis zehn Prozent eines Ackers den Getreideertrag so weit steigert, dass er genauso hoch ist, wie er es auf 100 Prozent der Fläche ohne Gehölze wäre. Noch müssen diese Ergebnisse für die Standortbedingungen in Deutschland überprüft werden, wie auch andere Wechselwirkungen, ob positive oder negative, von Agroforstsystemen weiter zu klären sind.

Die FNR fördert deshalb Forschungsprojekte zum Thema. Voraussetzung ist, dass die Projekte den bereits erreichten Stand von Forschung und Entwicklung berücksichtigen und echte Fortschritte bei der Holzproduktion versprechen. Weiterer Forschungsbedarf besteht in den Bereichen Erntetechnik, Verwertungsstrategien und Bereitstellung geeigneten Pflanzenmaterials.

Die politischen Rahmenbedingungen sind grundsätzlich positiv. So koppelt die 2003 beschlossene EU-Agrarreform Direktzahlungen ab 2005 unmittelbar an die Erbringung bestimmter Leistungen im Umwelt- und Naturschutz. In diesem Zusammenhang sind so genannte Landschaftselemente beihilfefähig, zu denen auch Agroforstsysteme zählen können. Je nach deren konkreter Ausgestaltung besteht allerdings das Risiko, landwirtschaftliche Prämienrechte zu verlieren. Nur wenn der Status „landwirtschaftliche Nutzfläche“ erhalten bleibt, wenn also die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche überwiegt, bleibt sie prämienberechtigt. Weihnachts- oder Obstbaumkulturen, bei denen der Baumbestand eindeutig dominiert, bekommen dementsprechend keine Prämien. Kurzumtriebsplantagen gelten hingegen als landwirtschaftliche Dauerkultur und sind unter der Voraussetzung beihilfefähig, dass Stilllegungszahlungsansprüche aktiviert beziehungsweise die Energiepflanzenprämie beantragt wird.

Das Holz aus Agroforstsystemen kann sowohl energetisch als auch stofflich verwertet werden:

Verwertungspfade Energetisch stofflich
  Zellstoff (Edel-) Wertholz
Produkte Wärme/ BtL-Kraftstoffe Papier, Dämmmaterial Möbel / Edelfurniere
Umtriebszeiten 3 - 20 Jahre 6 - 20 Jahre 40 - 70 Jahre
Baumarten Pappel, Weide, Robinie, Erle, Birke Aspe, Pappel Ahorn, Esche, Erle, Wildkirsche, Walnuss, Schwarznuss, Hybrid-Nussarten, Speierling, Elsbeere, Robinie, Linde, Ulme,
Die Elsbeere (hier ein Exemplar in Baden-Württemberg) ist eine sehr seltene, vom Aussterben bedrohte Baumart, deren Holz zu den teuersten Edelholzarten Europas gehört. Foto: A. Möndel LTZ Augustenberg
Der Speierling wurde aufgrund seiner Seltenheit zum Baum des Jahres 1993 gewählt. Hier ein junges Exemplar in einem forstbotanischen Garten in Mecklenburg. Foto: A. Möndel LTZ Augustenberg
Walnussbäume und Durumweizen im Agroforstprojekt SAFE in Südfrankreich. Foto: A. Möndel LTZ Augustenberg
Roggen und Windschutzanlage aus Traubenkirschen und Pappeln bei Karlsruhe. Foto: A. Möndel LTZ Augustenberg, www.agroforst.uni-freiburg.de
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